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Oneway-Ticket nach Belize – Mit drei kleinen Kindern

Oneway-Ticket nach Belize – Mit drei kleinen Kindern

Rosa Katharina Mossiah
Mit drei kleinen Kindern und einem One-Way-Ti­cket nach Belize The Bold Woman

Ich bin schon immer gerne gereist, habe neue Menschen und Kulturen kennen gelernt und dabei meinen Horizont erweitert.

Nach der Schule wollte ich „irgendwas Kreatives“ machen und studierte Kommunikationsdesign, obwohl mich das klassische Arbeitsfeld Werbung nie interessiert hat.

Schon damals fand ich es wichtiger, meinem Interesse und meiner inneren Stimme zu folgen, als einem klassischen Werdegang oder der vermeintlichen Vernunft.

In Urlaubs- und Praxissemestern zog es mich mit Anfang zwanzig über Monate allein nach Afrika, mich selbst und meine persönliche Freiheit zu finden, endlich losgelöst von den Ketten der heimischen Konvention. Viele hielten das damals für mutig, für mich war es bloß die logische Schlussfolgerung meines Drangs nach Leben und Emanzipation. In dieser Zeit fing ich an, mich für Politik zu interessieren und engagierte mich für globale Gerechtigkeit und nachhaltigen Lebensstil. Flugreisen und Klamotten von der Stange waren tabu, ich wurde von heute auf morgen vegan. Nach dem Studium führte mich mein Weg dann auch nicht ins Grafik-Design – das konnten immer schon andere besser – sondern in die entwicklungspolitische Bildung. Ich wollte mit Menschen zusammen arbeiten und Welten bewegen, einen echten Impact haben und dabei meinen Werten und Idealen von einer gerechteren und nachhaltigeren Welt treu bleiben. Über Jahre arbeitete ich mich in verschiedenen Vereinen und Gremien hoch und wurde dabei immer frustrierter, doch nichts am großen Rad bewegen zu können. Im Endeffekt war alles immer nur Politik und Bürokratie statt Leidenschaft und sichtbare Ergebnisse. Mit Ende zwanzig folgte dann der Umzug nach Berlin – der politischen Szene wegen. Dabei stellte ich relativ schnell fest, dass es für Veganer wie mich dort kaum Anlaufstellen für das leibliche Wohl, also Cafés oder Restaurants, gab. Kochen und backen war aber spätestens seit meiner Ernährungsumstellung meine neue Leidenschaft und Kanal meiner kreativen Ader geworden und so entlud sich der Frust über die verfahrene berufliche Situation Anfang 2010 in den Weiten Australiens mit dem Beschluss, zurück in Deutschland selbst ein veganes Café zu gründen. Wenn ich auf ideologischer Ebene im Außen nichts erreichen konnte, machte es doch mehr Sinn, mit Herz und Hand für mich selbst etwas Gutes zu erschaffen und im eigenen Umfeld mit positiver Veränderung anzufangen. Gesagt, getan: Anfang 2012 öffneten wir in Neukölln die Tore und es folgten drei intensive, erfüllende und auch zehrende Jahre in der Gastronomie, die erst in der 28. Schwangerschaftswoche mit Zwillingen zum vorläufigen Ende kamen, als der dicke Bauch mir stundenlanges Kellnern unmöglich machte. Mit der Geburt der Kinder veränderte sich alles: zum Einen wollte ich nicht Vollzeit zurück in den Laden, wo ich mich weiter aufarbeiten würde und kaum Zeit für meine Familie hätte; zum Anderen hatte sich auch mein Interessenschwerpunkt verlagert. Als Mama stellte sich mir die theoretische Ebene der veganen Lebensweise immer mehr in den Vordergrund, denn mit den Kids wollte ich in puncto Ernährung natürlich alles richtig machen und so absolvierte ich kurzerhand eine Online-Ausbildung zur ganzheitlichen Ernährungsberaterin.

Thematisch ging es aber auch da wieder darum, meine Werte und Ideale auszuleben und gleichzeitig andere daran teilhaben zu lassen und eine Gemeinschaft Gleichgesinnter zu erschaffen. Menschen mit meinem Angebot dabei zu unterstützen, genauso nach ihren eigenen Werten zu leben, wie ich das tue und ihnen durch ein kompetentes Coaching das Wissen, die Sicherheit und die Leichtigkeit zu ermöglichen, ein Leben voller Freude und Genuss zu leben. Meine Webseite stellte ich damals noch mit dem langfristigen Ziel online, Beratungen für vegane Eltern auch über Berlin hinaus anbieten zu können, um uns ein ortsunabhängiges Leben als internationale Familie zu ermöglichen.

Wenig später fiel meinem Mann (aus dem tropischen Belize) dann auch schon wieder der deutsche Winter auf den Kopf und es wurde Zeit, mein Kennlern-Versprechen „Wenn du erst mal ein paar Jahre mit mir nach Deutschland kommst, komm’ ich dann auch ein paar Jahre mit dir nach Belize“ einzulösen. Mit einem Ultimatum seinerseits warteten wir quasi nur noch die Geburt unseres dritten Kindes ab, um wenige Wochen später zu Weihnachten 2017 mit verkauftem Café, aufgelöstem Wohnsitz und Oneway-Ticket nach Belize zu fliegen.

Das war definitiv der boldeste Move von mir ever, denn ich musste nicht nur „mein Baby“, mein veganes Café und meine gesamte bisherige Existenz inklusive aller Freunde, Familie und „Wertegemeinschaft“ zurücklassen, sondern schaute auch mit drei kleinen Kindern in eine vollkommen ungesicherte Zukunft ohne jegliche finanzielle Rücklagen. Nur im Vertrauen, dass uns als Familie dieser Wechsel nicht zuletzt auch energetisch sehr gut tun würde und sich alles andere dann schon ergeben würde. So war das bei mir aber immer schon: Nicht zu viel planen und nachdenken, sondern einfach machen und ausprobieren, was sich richtig anfühlt! Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffen und dann Vollgas dem Herzen folgen!

Der Umzug war auch persönlich der größte Einschnitt meines bisherigen Lebens, weil sich meine persönliche Rolle einmal komplett umgedreht hat, von der selbstständigen Versorgerin zur Vollzeit-Mama. Das stellt erst mal ganz schön das eigene Selbstverständnis in Frage, wenn man es gewohnt ist, den Alltag nach seinem eigenen Striemel abzuwickeln und plötzlich sitzt man in der Abhängigkeit von einem Anderen und zurückgeworfen auf sich selbst zuhause fest. Gleichzeitig spiegeln mir Phasen, in denen ich nicht meinem natürlichen Flow folgen kann, besser meine eigenen Bedürfnisse und ermöglichen ganz neue Ziele.

 

Meine Learnings des letzten Jahres sind, die Dinge so anzunehmen, wie sie sind und nicht „auf Teufel komm raus“ den eigenen Plan und die eigenen Wünsche durchdrücken zu wollen. Mehr auf der Welle mitzuschwimmen und persönliche Herausforderungen als Lehrer und Fingerzeig zu sehen. Den eigenen Willen mal hinten an zu stellen und mehr zu gucken, was die Situation gerade hergibt. Mehr zu beobachten und die Kraft der Ruhe zu nutzen. Es geht darum, mich auf die positiven Dinge im eigenen Leben zu konzentrieren, den Fokus immer wieder bewusst auf das Schöne und Wertvolle zu legen, Dankbarkeit zu zeigen, mir bewusst zu machen, in welcher Fülle und in welchem Reichtum ich lebe, sei es materiell oder an Erfahrungen, Erlebnissen, in der Umwelt oder mit meinen Mitmenschen. Happiness is a choice! Bold zu sein bedeutet auch, schwierige Situationen zu meistern, gerade daran weiter zu wachsen und transformiert mit neuer Kraft und Energie für die eigene Mission hervorzugehen.

Nach ein paar anstrengenden Monaten, in denen ich selbst in jeder freien Minute am Abend an meiner Selbstständigkeit rumgedoktert habe und mir so ziemlich alles an Gratis-Inhalten zu Onlinemarketing reingezogen habe, was das Internet hergibt, arbeite ich mittlerweile ehrgeizig und erfolgreich und mit professioneller Unterstützung als Online-Ernährungs- und Lifestyle-Coach für vegane Eltern! Aus Mittelamerika mit deutschsprachigem Kundestamm. Gleichzeitig realisiert mein Mann seinen Traum mit Cabañas am Fluss im Dschungel für Touristen, die wir demnächst vermieten wollen. Dadurch glänzt er momentan familientechnisch mit Abwesenheit. Ich mache also ganz neu die Erfahrung einer gefühlt alleinerziehenden Mama mit drei Kleinkindern, die organisatorisch, emotional und finanziell für alles alleine verantwortlich ist und gerade ganz schön über sich hinauswachsen muss. Aber ich war schon immer eine Macherin und eine Powerfrau! Solange ich weiß, wofür ich brenne, läuft’s.

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Raus aus dem Agenturjob, rein ins Outback

Meine Lösung als Familien- und Businessmodell heißt zur Zeit, den Morgen ganz ruhig und ohne Termine zu beginnen, mit den Kids zu frühstücken und den Vormittag gemeinsam zuhause zu verbringen. Nachmittags kommt der Babysitter, Arbeitszeit 1 für mich. Die beginne ich täglich mit einer mindestens fünfzehnminütigen Mindset-Routine aus Meditation und Affirmationen, um mich „in Schwingung zu bringen“, mir selbst Wertschätzung auszusprechen und mich mit meiner Vision zu verbinden. Der Spätnachmittag und Abend gehört dann wieder ganz den Kindern. Von spätestens 21 Uhr bis Mitternacht sitze ich dann noch mal am Rechner, Arbeitszeit 2.

Was mich antreibt in meinem Business, ist die Begeisterung für gesunde vegane Familienernährung und das Bewusstsein, dass ich mit meinem Wissen als Ernährungsberaterin und meiner Erfahrung als vegane Mama von drei Kindern diese geile Lebensweise auch anderen Eltern weitergeben kann und ihnen dadurch zu mehr Lebensqualität und Familienglück verhelfe! Dass ich diesen Traum, den ich selber lebe, im Einklang mit sich selbst, den eigenen Werten und Idealen zu sein, auch anderen Menschen ermöglichen kann.

Für diesen Segen, Beruf und Privatleben in einem zu verbinden, weil es kein ausgelagerter Job ist, sondern meine innerste Essenz, die ich ausleben und die sich auch finanziell manifestieren darf, bin ich unendlich dankbar.

Die Vision, die ich jeden Tag vor meinem inneren Auge sehe, zeigt mich an einem warmen Strand sitzend mit Blick auf die Kinder, wie sie am Meer spielen. Über die Schulter reicht mir mein Mann entspannt einen Drink, die Sonne geht bald unter, Kindergelächter. Das ist meine ultimative Freiheit, auf die ich hinarbeite!

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