Sylvia Schattschneider - Ganzheitliche Ernährungsberaterin und Gründerin der Ernährungsberatung Gemuese-Orama…
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ToggleDer Start ins Lebens – schon früh musste ich lernen, mich auf mich selbst zu verlassen
Man möchte meinen, ich bin in einer ganz normalen Familie, 1963 in der DDR, geboren. Doch beim näheren Hinsehen musste ich mehr und mehr feststellen; so ganz normal war mein Leben in dieser Familie eben doch nicht.
Ich glaube, ich bin nur auf dieser Welt, weil es zur damaligen Zeit noch keine verlässlichen Verhütungsmittel gab. Das mag etwas hart klingen, aber geplant haben meine Eltern mich zu diesem Zeitpunkt ganz sicher nicht. Denn beide, noch keine 18 Jahre alt, waren einfach nicht darauf vorbereitet, eine Familie zu gründen.
Das machte vieles von Anfang an nicht gerade leichter. Beide hatten, wie in der DDR üblich, eine Vollzeitanstellung. Und mein Vater war zusätzlich im Ehrenamt als Trainer und Vereinsvorsitzender in einem Sportverein tätig. Für mich bedeutete es eine ganztägliche staatliche Betreuung. Diese war für den Großteil der Kinder in der ehemaligen DDR selbstverständlich und somit in keinster Weise ungewöhnlich. Allerdings musste ich nach unserem Umzug in den “Westen” feststellen, dass es dort etwas sehr außergewöhnlich war. Ich habe weder damals noch heute etwas Negatives darin gesehen und denke, es ist eine sehr sinnvolle und familienunterstützende Einrichtung. Mir persönlich hat es in keinster Weise geschadet, auch wenn das später sehr oft in Gesprächen in unserer neuen Heimat in Westdeutschland zum Ausdruck kam. Nicht so positiv für mich war, dass meine Eltern mich hin und wieder im Kindergarten vergessen haben abzuholen..aber das ist eine andere Geschichte.
Mein größtes Glück in dieser Zeit war meine Oma, die in den ersten Jahren zusammen mit uns im selben Haus gewohnt hat und daher für mich präsenter war als meine Eltern. Ich habe sehr viel Zeit bei ihr verbracht. Sie hat mir die fehlende Liebe und Aufmerksamkeit, wie auch Respekt und Akzeptanz entgegengebracht. Sehr vieles, was ich heute bin, habe ich von ihr gelernt und es hat mich entscheidend geprägt.
Nachdem meine Schwester zur Welt kam, sind wir in eine größere Wohnung gezogen. Für mich sollte dieser Umzug ein sehr prägender und entscheidender, ja ein komplett neuer Lebensabschnitt werden.
Ich war 5 Jahre alt und im letzten Kindergartenjahr. Meine Eltern meldeten mich in einem Turnverein zum Leistungsturnen an, mit 4x pro Woche Training und einer Entfernung der Turnhalle von unserem Elternhaus von ca. 6 km für einen Weg. Diesen Weg musste ich bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad, Bus oder wenn dieser nicht kam, auch zu Fuß zurücklegen. Im Winter kam abends nach dem Training der Bus ganz oft nicht. Dann hieß es in der absoluten Finsternis nach Hause laufen, da es Straßenbeleuchtung nur auf den Hauptstraßen gab. Meine Eltern hatten sich offensichtlich zu keiner Zeit auch nur annähernd Sorgen gemacht, wenn ich erst 1-2 Stunden später als üblich nach Hause kam. Denn wenn ich dann endlich da war, saßen sie gemütlich vor dem Fernseher. Ich hatte nie das Gefühl, dass sie froh waren mich zu sehen. Das hat mich bis heute geprägt.
Als Mutter und Oma würde ich keine ruhige Minute haben, wenn mein Kind und Enkelkinder zu spät kommen.
Das 4-tägige Training pro Woche war natürlich Leistungssport, akribisch kontrolliert mit einen Trainingsplan. Es hat mich sehr früh Disziplin, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit gelehrt. Doch vor allem hat es mich sehr oft an meine kindlichen, körperlichen Grenzen gebracht. Hinterfragen, oder sogar Ausbrechen kam nicht in Frage und war nie eine Option für mich. Doch es hat mir gezeigt, dass ich sehr viel arbeiten muss, um mein Leben (irgendwann) selbst gestalten zu können.
Unabhängigkeit und Eigenbestimmtheit waren meine größte Herausforderung und mein oberstes Ziel. Durch die permanente Dreifachbelastung mit Schule, Sport und dem außergewöhnlichen Familienleben, letzteres verbunden mit der gefühlten Verantwortung für meine jüngere Schwester, wurde dies auch mein Lebensmotto.
Das Doppelleben meines Vaters
Im Alter von 10 Jahren sollte sich für mich, die eh schon sehr wenig vorhandene „heile Welt“, noch einmal dramatisch verändern. Mein Vater begann eine Zweitbeziehung mit einer anderen Frau. Offensichtlich war ihm unser Familienleben nicht mehr gut genug. So zumindest habe ich das damals empfunden. Dieses Gefühl hat sich unheimlich stark in meinem Gedächtnis verankert. Ich konnte sehr lange niemanden vertrauen, was die Beziehung zu meinem Mann anfangs unheimlich belastet hat.
Durch den nun noch stärker werdenden Druck, diese Familie irgendwie retten zu müssen, bekam ich erste gesundheitliche Problem. Mein erstes Reizdarmsyndrom-Erlebnis hatte ich dann im Alter von 14 Jahren. Prägnantester Auslöser war die Absage, nicht auf der Sportschule angenommen worden zu sein. Das war ein wahnsinnig enttäuschender Moment, hatte ich bis dahin mein gesamtes Leben genau auf diesen Tag ausgerichtet! Die jahrelangen Entbehrungen, ein unheimlich hartes Training, unzählige Wettkämpfe, Tests und Sichtungen sollten mich dem Traum auf Olympia und der Möglichkeit auch ins Ausland reisen zu können, näher bringen. Dieser Traum zerplatzte ganz plötzlich und ich wußte nicht, wie es weitergehen sollte!
Ich fiel in ein tiefes Loch. Meine Reaktion darauf war, dass ich von heute auf morgen mit diesem Sport aufgehört habe, aus reinem Frust. Später habe ich das sehr bereut.
Viele Jahre später hat mein Vater mir gebeichtet, dass diese für mich so prägende Absage, nichts mit mir und meinen damaligen Leistungen im Sport zu tun hatte. Stattdessen sollte er auf Drängen seines Arbeitgebers und wohl auch der Partei, dazu gezwungen werden, seine Familienverhältnisse in Ordnung zu bringen.
Offensichtlich war das die Vorgehensweise des Staates, um Menschen in öffentlichen bzw. führenden Positionen in eine sogenannte Vorbildrolle zu setzen. Das ist bei meinem Vater leider nicht gelungen, denn er hat diese Beziehung bis zu seinem Tod fortgeführt. Für mich hatte es allerdings weitreichende Konsequenzen.
Die hiermit einhergegangenen Reizdarmsymptome häuften sich und nahmen an Stärke zu. In mir lösten sie noch mehr Angst und psychischen Druck aus, konnte ich ja bis dato keinerlei Zusammenhang zu meiner Situation herstellen. Mein Wille, die Ursachen für diese „Erscheinung“ zu erforschen, war sehr groß und so fing ich an, nach Antworten zu suchen. Jedoch erst viele Jahre später, im Alter von 23/24 Jahren konnte ich dieses Krankheitsbild besser verstehen und einordnen.
Das Hin und Her im Ausbildungs-Wahnsinn der DDR
Nachdem ich den ersten großen Schock meines Lebens einigermaßen verdaut hatte, die familiäre Situation eine mehr oder weniger akzeptable Routine bekam, kam das Ende der Schulzeit und die Ausbildung stand bevor. Es sollte nicht wirklich besser für mich weitergehen.
Meine favorisierte und lange Jahre gereifte Entscheidung eine Ausbildung als Rundfunk- und Fernsehmechanikerin (mit Abitur) zu beginnen, erfuhr ebenfalls eine Absage. Da Lehrstellen in der DDR auf Bewerberzahlen reduziert waren, konnte ich nach Erhalt der Absage nur noch „den einen freien“ Ausbildungsplatz bekommen, und zwar als Maschinen- und Anlagenmonteurin (mit Abitur). Frust und Enttäuschung nahmen seinen Lauf. Doch auch das habe ich nach kurzer Zeit in eine positive Energie umgewandelt. Heute kann ich sagen, dass ich ohne diese „erneute Abzweigung“ in meinem Leben wohl nie die Gelegenheit bekommen hätte, meinen wunderbaren Weggefährten, Freund, Motivator und Ehemann zu treffen. Ich bin unendlich dankbar dafür!
Die Ausbildungszeit neigte sich dem Ende zu, erneut stand eine Bewerbung an. Mein größter Wunsch war es schon sehr früh, noch zu Zeiten meiner Oma, ein Jurastudium zu absolvieren. Meine Oma war viele Jahre Schöffin am Gericht.
Was mir damals nicht bewusst war, ein „Arbeiterkind“, wie ich es war, hatte kaum Aussicht auf einen Jurastudienplatz, selbst nicht mit den besten Noten. Die Prestigestudienrichtungen wie Medizin, Jura oder auch Journalismus waren für das sogenannte “einfache Volk” nicht vorgesehen. Auch wenn wir es immer anderes propagiert bekommen haben. Und so kam es, dass auch hier eine Absage bevorstand.
Was bedeutete das? Erneut eine Niederlage verdauen; neue Wege und Möglichkeiten suchen! In diesem Jahr bekam ich allerdings dann auch aufgrund der begrenzten Plätze keinen anderen Studienplatz mehr, hatte jedoch die Aussicht auf einen im darauffolgenden Jahr.
Die Alternative zum Jurastudium war ein Angebot auf ein Studium der Staatswissenschaften. Zur Überbrückung der Wartezeit auf das Studium ein Jahr später, bekam ich die Gelegenheit auf ein einjähriges Praktikum beim damaligen „Rat des Kreises”- heute “Landratsamt“.
Dieses Praktikumsjahr war der alles entscheidende Wegweiser für das Leben, das mein Mann und ich danach gegangen sind. Politisch war es mehr und mehr ein Augenöffner, wie in diesem Staat mit den Bedürfnissen und Sorgen der Menschen umgegangen wurde.
Somit kam, was kommen musste: ich habe das Studium nicht angetreten! Ich konnte es mit meinem nach Gerechtigkeit schreienden Gewissen nicht vereinbaren. Ich musste das Landratsamt verlassen und habe anschließend eine Anstellung in einer Wohnungsbaugenossenschaft als Sachbearbeiterin gefunden.
So hat, mit 21 Jahren, mein selbstbestimmtes Leben endlich begonnen. Unser Sohn kam zur Welt, mein heutiger Mann und ich haben geheiratet, wir bekamen nach der Hochzeit endlich eine eigene Wohnung und konnten selbst entscheiden, wie wir unsere Familie, unser Leben gestalten möchten. Wir waren glücklich und „frei“, dachten wir zumindest.
Wir starten bei Null
In den nun kommenden Jahren reifte in uns mehr und mehr der Wunsch, die DDR zu verlassen. Nach der Flucht meines Schwiegervaters in den Westen im Dezember 1985, nur 6 Monate nach der Geburt unseres Sohnes, wurde mein Mann von der Ingenieurhochschule exmatrikuliert. Ein Studium würde dieser Staat für ein Kind eines Republikflüchtigen nicht mehr finanzieren.
Ungefähr 2 Jahre später erhielt meine Schwiegermutter dann endlich die Ausreise. Für uns war das der Anlass, nun endlich auch diesen Schritt zu wagen. Zu Beginn des Jahres 1989 stellten wir einen Ausreiseantrag, ohne zu wissen, wo die Reise hingehen wird. Dies hatte zur Folge, dass mein Mann seinen Angestelltenjob nicht mehr ausüben durfte. Er musste von nun an Brote, Backwaren sowie verschiedene Ausleihartikel ausfahren.
Am 01. November 1989 war es dann soweit, wir haben die Ausreise genehmigt bekommen. In den kommenden Tagen mussten wir uns bei allen Behörden, Versicherungen, der Bank wie auch beim Arbeitgeber und Landratsamt abmelden. Wir konnten zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht wissen, wie schnell wir das Land verlassen müssen. Da man diesen Anreisetermin erst bei Übergabe aller offiziell bestätigten Dokumente bekommen hat.
Der schwierigste Teil unserer Umzugsvorbereitungen war die Auflösung unserer Wohnung und unseres Hausstandes. Denn ein großer Teil der DDR Bürger, die das Land verlassen wollten, hatten ihre Ausreise am 01. November 1989 genehmigt bekommen. Somit war das Angebot an Möbeln, Fernsehern, Waschmaschinen, Fahrrädern und anderen Dingen sehr groß. Als dann am 09. November 1989 die Mauer fiel, hatten wir tatsächlich nur noch 5 Koffer, in die wir unser gesamtes Hab und Gut verstauten! Mit diesen Habseligkeiten und einem 4-jährigen Sohn haben wir uns am 17. November 1989 auf den Weg in den Westen gemacht, um erneut bei „Null“ zu starten.
Es war ein sehr schwerer Anfang ohne Wohnung, Arbeit und Geld. Wir haben uns wie „Menschen 2. Klasse“ gefühlt und dies auch nicht selten zu spüren bekommen. Alles mussten wir neu lernen, denn auch wenn wir die Sprache gesprochen haben, wussten wir weder etwas über Finanzen, Versicherungen, das Schulsystem, Steuern, die Menschen und das Leben im Allgemeinen! Es war ein sehr steiniger und langer Weg, alles zu lernen, umzusetzen und eine neue Existenz aufzubauen. Ich möchte jedoch auf keinen Fall unerwähnt lassen, das wir auch unheimlich viel Unterstützung von Freunden (die wir auf einem Ungarn-Urlaub kennengelernt hatten), deren Familien und sogar von wildfremden Menschen erfahren durften. Es gab in unterschiedlichsten Lebenssituationen Hilfe, oder man war einfach nur da für uns.
Das Unbegreiflichste für mich persönlich war damals allerdings dieses familien-unfreundliche „Kinderbetreuungssystem“. Zu wissen, Du kannst keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen, weil Dein Kind nur bis Mittag im Kindergarten betreut wird. Dann musste es abgeholt werden und am Nachmittag hätte es wieder hingebracht werden „können“. Etwas unverständlich daran war für mich, dass der Großteil der Frauen es so richtig fand. In einer Situation hat man mir sogar Beschimpfungen auf den Anrufbeantworter gesprochen. Warum? Ich hatte genau zu diesem Thema meine Meinung ganz öffentlich in einem Leserbrief kundgetan, nachdem in dieser lokalen Zeitung ein Artikel über das “so schlimme” Betreuungssystem in der ehemaligen DDR stand.
Dieses Verhalten war komplett neu für mich und bewegt mich noch heute sehr.
Endlich auf meinem Weg der gesunden Ernährung
Gesundheitlich ging es mir eine ganze Zeit lang recht gut, bis eines Tages die Reizdarmschübe erneut begannen. Ich kann nicht sagen, was der Auslöser war, aber mir war klar, ich musste ganz aktiv etwas dagegen unternehmen. Organisch war soweit alles in Ordnung. Doch irgendetwas musste diese Probleme hervorrufen. Eine Odyssee des Suchens begann. Ich bin Ende der Neunziger Jahre zufällig mit der Vollwerternährung konfrontiert worden und habe von da an begonnen, auf Zucker komplett zu verzichten. Schnell sollte sich Besserung einstellen, doch gab es immer wieder auch Zweifel und Rückschläge. Ich habe viele Bücher gelesen, über die unterschiedlichsten Ernährungsformen. Ich habe alles was möglich war, an mir selbst ausprobiert und bin dann irgendwann auf die Basische Ernährung nach Sabine Wacker gestoßen. 2-3 Jahre haben mein Mann und ich von nun an in regelmäßigen Selbstversuchen ausprobiert, ob diese Ernährungsform das Richtige für uns und letzten Endes integrierbar in einen Berufsalltag ist. Ich kann sagen, „Ja, ist sie“!
USA – Zeit zwischen “Kulturschock”, Sprachbarrieren und Selbstvertrauen
Im Sommer 2001 sollte unser bis dahin relativ stabiles und etabliertes Familienleben erneut eine große Veränderung erfahren. Wir haben uns entschieden für ca. 2 Jahre in die USA zu ziehen. Dieser Schritt sollte uns privat wie auch beruflich noch einmal einen enormen Schub auf dem Weg zu unserer persönlichen Unabhängigkeit geben, hin zu einem noch stärkeren Selbstvertrauen. Die am Ende 3,5 Jahre haben uns als Familie ein weiteres Mal gezeigt, dass man alles schaffen kann. Man muss nur aus der eigenen Komfortzone raus.
Dieser Aufenthalt war die größte positive Bereicherung in jeglicher Hinsicht, die wir alle drei erfahren haben. Denn die Menschen, die wir dort kennenlernen durften und die uns auf unserem Weg bis heute begleiten, sind in keiner Weise „oberflächlich“. Auch wenn wir das sehr oft hier in Deutschland zu hören bekommen. Für uns war die Integration in dieses Land, diese Kultur wesentlich einfacher, trotz anfänglich massiver Sprachbarrieren, als unser Umzug 1989 in den Westen Deutschlands. Die Unterstützung, die Offenheit, die Freundlichkeit, die Unvoreingenommenheit und viele Dinge im ganz normalen Alltag haben uns zurück in unser Geburtsland versetzt. So viele Dinge in den USA waren einfach nur genauso wie früher in der DDR. Also von einem uns vorhergesagten Kulturschock war wenig zu spüren. Wir haben dieses Land mit seinen Menschen lieben gelernt.
Was aber aufgrund meiner gesundheitlichen Vorgeschichte nicht so einfach war, war das Einkaufen von gesunden Lebensmitteln. Aber noch viel schwieriger war es zu sehen, wie die Lebensmittel mit Dingen angereichert werden, die nur „dick und krank“ machen können. Für uns kam hier nichts anderes in Betracht, als ganz viel selbst zu kochen sowie der überwiegende Verzicht auf zubereitete, prozessierte Lebensmittel, so gut es ging. In meiner Entscheidung mich beruflich mit Ernährung zu befassen, hatte diese Zeit einen erheblichen Anteil.
Zurück in Deutschland habe ich gleich im darauffolgenden Jahr eine Ausbildung als Ganzheitliche Ernährungsberaterin begonnen. Doch den Gedanken einer Selbstständigkeit habe ich auch da noch weit verdrängt, hatte ich doch immer noch die „Fesseln“ in mir „ich muss ein sicheres und regelmäßiges Einkommen haben, um unabhängig sein zu können“.
So begann ich von 2005 – 2015 in einem internationalen Forschungsinstitut zu arbeiten, umgeben von tollen, gut ausgebildeten und hoch motivierten jungen Wissenschaftlern. Das war ein weiterer Baustein in meinem Leben: zu erkennen, wie wichtig und bereichernd es ist, nicht stehenzubleiben und nach neuen Wegen zu schauen.
Keine andere Chance, als endlich mein eigenes Ding zu machen
Zum Ende meines Vertrags 2015 sollte mich jedoch mein größter, und bis heute prägendster, Schicksalsschlag ereilen. Mein Mann und ich starteten im August 2015 auf eine geplante drei-wöchige Wandertour auf dem Saar-Hunsrück-Steig mit Rucksack, nur dem Nötigsten im Gepäck und ausgerüstet mit Wanderschuhen und Kamera. Am ersten Tag der Wanderung sollte alles vorbei sein und mein Leben sollte sich um 180 Grad drehen.
Was war passiert? Ich bin gestrauchelt und mit dem Fuß am Boden hängen geblieben. Das Gewicht des Rucksackes hat mich sofort nach vorn gedrückt und ich bin gefallen. Da ich meine Spiegelreflexkamera um den Hals hängen hatte, bin ich mit dem Kopf auf die Kamera gefallen und lag von einer Sekunde auf die andere bewegungslos auf dem Boden. Mein ganzer Körper hat gebrannt wie Feuer, nur mein Kopf schien noch zu funktionieren. Ich wurde mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht, musste mich einer 8-stündigen Not-OP unterziehen und mich schlussendlich bis heute mit den Folgen und Schmerzen arrangieren. Ich hatte mir 2 Halswirbel gebrochen, welche nun versteift sind. Viel schlimmer für mich war der Gedanke, ob ich je wieder in meinem Beruf, oder überhaupt in einem, arbeiten kann. Insgesamt zwei lange Jahre sollte mein Kampf zurück ins Leben dauern.
Ohne die uneingeschränkte Unterstützung meines Mannes und meiner wundervollen Familie, den Ärzten, Therapeuten in Reha-Einrichtungen und lokalen Physiotherapien sowie guten Freunden hätte ich das sicher so schnell nicht geschafft.
Großer Frust, Selbstzweifel wie auch Hoffnungslosigkeit stellten sich bald ein, als ich begann mich auf Assistenzstellen in Industrie und Forschung mit nunmehr 52 Jahren und einer Arbeitspause von 2 Jahren zu bewerben. Nach unzähligen Bewerbungen und gerade mal einer Handvoll Vorstellungsgesprächen machte sich eine gewisse Resignation breit. Sollte es das wirklich gewesen sein?
Vor allem die eigene Motivation, aber auch das uneingeschränkte Vertrauen meines Mannes, haben mich endlich davon überzeugt, mein „eigenes Ding“ zu machen. Ich bin sehr froh und stolz, auch wenn es ganz sicher noch ein langer Weg in ein finanziell unabhängiges Leben sein wird, dass ich diesen Schritt im Alter von 57 Jahren gewagt habe. Die kleinen Erfolge motivieren und geben mir Recht, dass es der richtige Weg ist.
Vielen Dank an all meine Unterstützer*innen, meinem wunderbaren Ehemann, unserem Sohn mit seiner tollen Familie, wie an alle, die mir dabei halfen und helfen, mich moralisch und mit ihrer uneingeschränkten Liebe dabei zu unterstützen.
Mein besonderer Dank geht an Cindy Pfitzmann, die Frauen wie mir die Möglichkeit gibt, ihre Geschichte zu erzählen und andere Menschen zu motivieren, nie aufzugeben.
Danke!
Sylvia Schattschneider
Hast du auch eine Story, die es wert ist erzählt zu werden? Hast du etwas richtig tolles erlebt, das ausserhalb deiner Komfortzone lag und das nicht 0815 Status Quo ist? Willst du damit mal so richtig auf den Tisch klopfen und zeigen, was fuer eine Powerfrau du bist?
Oder aber du hast eine schwere Zeit durchlebt, hast alles überstanden und stehst jetzt mit erhobenem Kopf da. Willst du anderen Frauen zeigen, dass alles möglich ist, egal wie ausweglos eine Situation erscheinen mag?
So oder so: Wir glauben: Jeder Frau hat eine Story. Lass uns deine hören.
Bewirb dich jetzt:
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Sylvia Schattschneider - Ganzheitliche Ernährungsberaterin und Gründerin der Ernährungsberatung Gemuese-Orama Bevor ich mich als Ganzheitliche Ernährungsberaterin selbstständig gemacht habe, habe ich über 25 Jahre als Office Managerin gearbeitet. Heute helfe ich Menschen und ganz besonders Frauen in den Wechseljahre, zu einem gesünderen und glücklicheren Alltag mit Basischer Ernährung.
Ganz herzlichen Dank, liebe Sylvia, für deine Geschichte, die mich noch mehr das Leben in der DDR hat verstehen lassen, das Land, aus dem auch mein Mann kommt. Ich bin wirklich beeindruckt vin deinem Werdegang und freue mich sehr, dass ich dich in einem Call kennenlernen durfte. Deine Geschichte ist für mich sehr motivierend, sowohl was die Ernährung wie auch die Selbstständigkeit angeht. Ich wünsche dir alles Gute auf deinem weiteren Weg! ❤️ Liebe Grüße
Gudrun
Lieben Dank liebe Gudrun. Es macht mich sehr froh zu sehen, dass ich mit meiner Geschichte etwas zur Aufklärung beitragen kann. Wenngleich natürlich jeder/jede seine/ihre eigenen Erfahrungen in der damaligen DDR gemacht haben und diese sicher auch sehr unterschiedlich erlebt haben. Mir liegt sehr am Herzen zu zeigen, dass die Selbstbestimmheit das Wichtigste ist und ich möchte natürlich auch Mut machen zu Selbstbestimmung.
Liebe Sylvia, deine Geschichte hat mich fasziniert. Ich bin froh, dass ich dich kennen gelernt habe und dass sich unsere Wege gekreuzt haben. Ich finde, du bist eine sehr mutige Frau und ich wünsche dir viel Erfolg mit deinem Buch und mit deiner Selbstständigkeit als Ernährungsberaterin. Ganz herzliche Grüße und alles Gute auch für deinen Mann, der dich durch dick und dünn begleitet. Alles Liebe – deine Yasemin
Liebe Yasemin,
ich danke Dir vielmals für Deine so lieben und unterstützenden Worte. Ich bin auch sehr dankbar, dass wir uns begegnet sind.
Herzlichste Grüße,
Sylvia
Liebe Sylvia,
mein Fazit nach langem Grübeln über den perfekten, Dir angemessenen, „comments“ Text: perfekt schaffe ich leider nicht… Aber „von Herzen“ schaffe ich: es war ein glücklicher und wichtiger Zufall, dass wir uns kennengelernt haben. Verstehen und Verständnis ab der ersten Minute. Und Vertrauen! Dein praktischer Verstand und Dein Anpacken, wenn’s nötig ist, hat mich stets begeistert. Danke für unsere fruchtbaren Gespräche und Deine oft hilfreichen Ratschläge.
Du bist ein Paradebeispiel für eine tapfere, mutige und – unter anderem – deshalb erfolgreiche „Macherin“. MACH‘ weiter so, viel Glück bei allem Kommenden und
DANKE für unsere lange Freundschaft!
Sogar nach Pausen können wir sofort wieder anknüpfen, als wäre keine Zeit vergangen. Das ist auch ein Riesenglück!
Herzlichst –
Petra
Liebe Petra,
ich danke Dir sehr für Deine lieben Zeilen. Und auch mich freut es unheimlich, dass wir uns kennenlernen durften. Aber vor allem bin ich dankbar für unsere schon so lange währende Freundschaft und wie Du so schön schreibst, dass wir auch nach längeren Pausen nahtlos anknüpfen. 😉 Das ist ein tolles Geschenk. Danke für Deine Freundschaft, Deine herzlichen Tipps und immer so wertvollen Anregungen.
Herzlichst,
Sylvia