Wie sich aus “Ich will alles machen!” meine Berufung und Expertise fand

Angelika Buchmayer
Berufung - The Bold Woman

Ich saß in einem Vier-Sterne-Hotel und stieß mit einem Glas Sekt auf mich selbst an. Auf meine Kündigung von einem sicheren Angestelltenverhältnis als Professorin, auf mein neues Leben und auf meine mutige Entscheidung – trotz aller Bedenken von Familie und Freunden. Ich hatte es gewagt, einen Riesenschritt aus der Komfortzone heraus zu machen und den Weg in die Selbständigkeit zu gehen.

Was ich nicht kommen sah, war, dass mein neues Leben kurz darauf die Scheidung mit sich brachte. Und zwar ganz klassisch mit allem, was dazu gehörte wie Trennungsschmerz, zwei kleinen Kindern und einem Haus, dessen Kredit ich noch abbezahlen musste. Diese Wogen wieder zu glätten war eine Herausforderung. Daher beschloss ich, die Selbstständigkeit noch etwas aufzuschieben, wieder eine Halbtagsanstellung anzunehmen und zusätzlich wie bisher als Train the Trainerin & Coach für Persönlichkeitsentwicklung und Lektorin an Fachhochschulen zu arbeiten. Alles eingeschränkt – wie es uns als kleiner Familie guttat. Andere Dinge hatten Priorität. Nun war wichtig, dass jeder wieder seinen Platz fand und die Trennung verdaute.

Ich war mit einem Banker verheiratet gewesen und hatte alles Finanzielle und Technische komplett aus der Hand gegeben. Es dauerte, bis ich mir einen Überblick über die Finanzen verschafft hatte und mich mit allem alleine zurechtfand. Auch wenn ich es noch so sehr wollte, meine Kraft und Energie waren gebunden und der Zeitpunkt, um etwas Neues aufzubauen, noch nicht am Horizont. Doch ich hatte meinen Traum nicht aufgegeben und mit meinem neuen Lebenspartner kamen auch die neuen Lebensgeister zurück. Ich probierte Vieles nebenbei aus – von der ganzheitlichen Praxis als PranaVita-Therapeutin bis hin zum Network-Marketing.

Wie bisher schon oft in meinem Leben kamen aus meinem Umfeld die Fragen: Schon wieder was Neues? Bleibst du an nichts dran?

Zwar hatte ich das Glück, dass ich mich mit meinen Arbeitskolleginnen, Schülern, Studenten und Seminarteilnehmern immer sehr gut verstand, doch die Arbeit an sich war mir einfach nicht genug. Sie erfüllte mich zu wenig. Ich hatte das Gefühl, nicht mein ganzes Potential auszuschöpfen. Ich wusste, da gab es mehr. Auf der Suche nach diesem „Mehr“ stieß ich auf einen Online-Kongress zum Thema „Berufung finden“ und auf das Thema „Scanner“. Ein Online-Kongress war für mich eine neue Welt und als ich mich in dem Persönlichkeitsbild „Scanner“ wiederfand, fiel mir die Last vieler Jahre von den Schultern.

Gott sei Dank gibt es Leonardo da Vinci

Die Interessen oder Begabungen von Scanner-Persönlichkeiten, auch bekannt als Universalisten, Vielbegabte, Multipotentials oder Renaissance-Menschen, würden reichen, um mehrere Leben auszufüllen. Heute Reiseleiterin, morgen Trainerin, übermorgen Innendekorateurin.

Leonardo da Vinci war der Scanner Nr. 1 in der Geschichte. Er war vielseitig begabt und wurde als Experte in vielen Bereichen wahrgenommen: Als Architekt, Maler, Bildhauer, Schriftsteller, Mechaniker, Wissenschaftler und auch genialer Netzwerker. Er hat viele seiner Gaben, Talente und Interessen ausgelebt und war ein Universalgenie. Was all die Universalgenies noch waren: exzellente Netzwerker.

Ich wusste schon immer, dass ich niemals bis zum Greisinnenalter das Gleiche tun möchte. Ich sehnte mich nach etwas, das mich so erfüllte, das so abwechslungsreich und herausfordernd war, dass ich es wirklich für immer tun wollte. Ohne dabei an den Ruhestand zu denken. Allein bei der Vorstellung von „für immer“ und „das Gleiche“ liefen mir kalte Schauer der Langeweile über den Rücken.

Bis ich herausgefunden hatte, dass ich mir dabei selbst im Weg stand, hat es eine ganze Weile gedauert.

Was lange mein Leben prägte, war Fremdbestimmung statt Selbstbestimmung aufgrund mangelnder Entscheidungsfähigkeit! Die Erkenntnis “Wenn du nicht selbst entscheidest, wird für dich entschieden” trage ich seither mit mir und gebe sie auch immer gerne weiter.

Aber wo war nun diese eine Berufung? Dieser rote Faden? Diese Leidenschaft für eine Sache, wie sie echte Experten haben?

Oft liegt genau das, wonach wir suchen, direkt vor uns, aber wir sehen es nicht. Wie ein blinder Fleck. Wie eine Landkarte, die wir nicht lesen können. Je mehr wir suchen, desto desorientierter werden wird.

Mein bester Freund hatte mir während der Zeit meines Doppelstudiums den Spitznamen „Die Patin“ gegeben. Und wenn ich es auf alles herunterbreche, was mich ausmacht, dann ist es das. Netzwerke in den unterschiedlichsten Bereichen aufzubauen, um die richtigen Menschen miteinander zu verbinden.

Keine Sorge, ich bin nicht bei der Mafia und in dunklen Szenen gelandet. Was er damit ausdrücken wollte, ist, dass ich sehr leicht neue Kontakte knüpfe und unglaublich viele Menschen kenne, mein Hirn in Kooperationen, Verbindungen und Möglichkeiten für andere denkt und ich somit immer die Fäden ziehe. Egal, ob es damals als Studentin war, während meines Auslandsaufenthalts in Amerika, meiner Zeit als Nachwuchsführungskraft in einem Versicherungskonzern oder als Trainerin, Coach und Professorin.

Es gibt immer einen roten Faden – Beyond networking

Was sich rückblickend wie ein roter Faden durch mein Leben zieht, wohin sich meine innere Kompassnadel immer wieder ausrichtet, egal was ich auch tat, war den Gesamtüberblick, das Big Picture auf unterschiedlichen Märkten zu haben und somit ganz einfach Menschen miteinander zu verbinden, um ihre Leidenschaft, ihr Können und ihre Expertise bestmöglich zu nutzen.

Woher das kam? Wie ich das lernte? Ich hatte die besten Lehrmeister dafür: meine Eltern.

Als Kind angehimmelt, in meiner Sturm-und-Drang-Zeit als Teenager manchmal verflucht, im Erwachsenenalter und mit eigener Erfahrung und Weisheit immer mehr geschätzt.

Nach dem Abitur ermöglichten mir meine Eltern ein Jahr Auslandsstudium in den USA, hier wählte ich Psychologie, Kunst und Journalismus. Breit gefächert und gar nicht spezialisiert. Herrlich! Es zog mich immer ins Ausland und so absolvierte ich in unterschiedlichen Branchen und Ländern Praktika und stillte meinen Wissensdurst und meine Neugier nach Neuem, Kultur, Menschen und Berufsfeldern in vielerlei Hinsicht.

Bei der Auswahl des Studiums in Wien entschied ich mich wieder für breit und bunt. Ich inskribierte Anglistik/Amerikanistik, Französisch sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaften und fing ein Jahr später berufsbegleitend das Studium Europäische Wirtschaft und Unternehmensführung an. So viel Unterschiedliches auf einmal tun und lernen zu können, war der echte Adrenalinkick für mich. Ich schloss beide Studien in kurzer Zeit ab. Während andere für zwei Prüfungen pro Woche lernten, nahm ich mir fünf vor. Der Geheimtrick war mein gut funktionierendes Netzwerk. Wie schon erwähnt, war der Spitzname „Die Patin“ geboren.

Hin- und hergerissen zwischen ‘mir gehört die Welt’ und fehlenden Rolemodels

Ich war mit meinem Universalwissen und meinen Auslandseinsätzen breit aufgestellt.

Bei der Berufswahl kamen mir mein breitgefächertes Wissen und mein Engagement entgegen und ich qualifizierte mich für das Nachwuchsführungskräfteprogramm eines großen internationalen Versicherungskonzerns. Anderthalb Jahre durchlief ich sämtliche Bereiche und wusste bald, dass mir das Versicherungsgeschäft zu trocken war. Durch meine Leidenschaft für Menschen und Netzwerken kannte ich fast jede Person im Konzern, ich merkte aber auch, dass ich mich aufgrund der mangelnden tiefgehenden Expertise nirgends aufgehoben fühlte. Meine damalige Traumposition war halb in der Personal- und halb in der Trainingsabteilung . Das war für den Konzern zu innovativ. So kam es zu meiner ersten wagemutigen Kündigung.

Mein Wunsch, selbstständig zu sein und etwas aufzubauen, war immer da. Nur fehlten mir Rolemodels, weibliche Vorbilder, die selbstständig als Powerfrauen Karriere machten und ihr eigenes Business aufbauten. Ich komme aus einer traditionellen Familie mit klarer Rollenverteilung. Mein Vater Banker, meine Mutter Volksschullehrerin, zwei Brüder. Ein wunderbar sicheres, herzliches und offenes Zuhause, doch Selbstverwirklichung war kein Thema.

Meine Vorstellung von Erfolg oder Unternehmertum bestand darin, nach einem männlichen Schema Karriere zu machen.

Meine Neugier, mein unendlicher Drang, Neues auszuprobieren, dazuzulernen und meine Berufung zu finden, mich mit mir selbst auseinanderzusetzen, war wie eine Sogwelle. Ich absolvierte im Laufe der Jahre eine Wirtschafts- und Trainerausbildung, zwei Coachingausbildungen, eine Motivationstrainerausbildung, wurde internationale PranaVita-Therapeutin, hatte bald die Gewerbe Lebens- und Sozialberatung/Psychologische Beratung und Unternehmensführung & -organisation ausprobiert, war Lehrgangsleiterin von Diplomlehrgängen für “Train the Trainer”-Ausbildungen mit Schwerpunkt Berufsorientierung & Karrierecoaching und Burnoutprophylaxe, leitete Resilienztrainings, arbeitete mit Jugendlichen, Studenten und Erwachsenen und das Beste: Ich hatte ein großes Netzwerk an unterschiedlichsten Menschen.

Doch die innere Stimme dachte nicht daran, zu schweigen. Ich hörte sie immer wieder und wusste, dass da noch mehr war, das auf mich wartete.

Es zog mich immer mehr in Richtung „Mehr vom Leben. Freiheit. Als Frau unabhängig sein. Erfüllung. Querdenken. Groß denken. Träumen. Mein Ding machen.“

Hinfallen und aufstehen

Meinen zweiten, nachhaltigen und erfolgreichen Anlauf in die Selbstständigkeit habe ich sanfter geplant und ein Sabbatical genommen. Wenn alles möglich ist, wie so viele erfolgreiche Menschen sagen, dann könnte ich mir doch auch meinen ganz eigenen Job kreieren. All meine Interessen und Fähigkeiten unter einen Hut bringen – international vom Homeoffice aus arbeiten, Autorin und Speakerin sein, Moderatorin, rasende Reporterin, Managerin, Coach, Trainerin, Mentorin, Kongressveranstalterin, Wissensvermittlerin, Leiterin von mehreren Netzwerken, mehrere Einkommensquellen aufbauen, frei und unabhängig von zu Hause aus, aber auch überall auf der Welt arbeiten – rundum eine Hybrid-Unternehmerin sein. Der Schlüssel für die Kreation meines eigens geschaffenen Berufes – meines Imperiums – war der Einstieg von der Offline-Welt in die Online-Welt.

Das Online-Business ermöglichte mir, von zu Hause und überall aus, wo es Internet gibt, zu arbeiten und mir die Zeit frei einzuteilen – familienfreundlicher geht es nicht. Mich mit Menschen aus der ganzen Welt zu vernetzen, war das Beste. Ständig Neues dazuzulernen, mich selbst zu erfinden und meine Werte und meinen Preis selbst festzulegen. Doch auch hier durfte ich eine Lernkurve machen. Nicht alles, was glänzt, ist Gold und jeder nicht Online-Freund gleich ein guter Mensch oder wertvoller Kontakt.

Diesen großen Schritt, es als gebranntes Kind noch ein weiteres Mal zu versuchen, hätte ich jedoch nie gewagt, wenn ich nicht die richtigen Menschen an meiner Seite gehabt hätte. Ganz bewusst habe ich mich an die goldene Regel des Erfolgs gehalten: Umgib dich mit Menschen, die dort sind, wo du hinwillst. Baue dir ein Netzwerk aus Gleichgesinnten auf, die dir Rückenwind geben.

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In der Vergangenheit liegt oft der Schlüssel für die Zukunft

Ach ja, du fragst dich vielleicht, wie denn die Geschichte mit meinen Eltern weiterging und wie ich von ihnen gelernt habe.

Das verrate ich dir noch, denn vielleicht liegt auch in deiner Vergangenheit der Schlüssel für deine Zukunft.

Mein Vater war rückblickend unglaublich fortschrittlich und hat mich immer zu Geschäftsessen mitgenommen, wenn meine Mutter aus beruflichen oder familiären Gründen nicht konnte. Mein Glück war, dass sich meine Brüder nicht dafür interessierten und so saß ich bereits als Jugendliche zwischen Topmanagern bei offiziellen Abendessen weltweit. Ich habe viel über Smalltalk, Körpersprache, zwischen den Zeilen lesen, zwischenmenschliche Beziehungen, Hierarchien, Dos and Don’ts im Umgang gelernt. Dadurch bewege ich mich auf jedem Bankett souverän.

Ein Wermutstropfen und deshalb auch ein ganz starker innerer Antrieb, jenen eine Stimme zu verleihen und sie auf die Bühne zu heben, sie sichtbar zu machen und sich selbst ein starkes Netzwerk aufzubauen, sind die Frauen.

Denn über die vielen Jahre habe ich oft neben den bestens ausgebildetsten Frauen, ehemaligen Juristinnen, Managerinnen, Richterinnen und Verkaufsleiterinnen gesessen, die dann ihre Bedürfnisse hinten angestellt haben, um die Kinder zu versorgen und dem Mann für die Karriere den Rücken freizuhalten.

Frauen wie du und ich, die ein paar Wochen später nicht mehr von den Topmanagern auf der Straße erkannt wurden, maximal als die Frau von XY abgespeichert, die wie ein schönes Schmuckstück waren und in späterer Folge oft gegen die Assistentin, Sekretärin oder jemand anderen ausgetauscht wurden oder es einfach hinnahmen, dass ihr Platz alleine in einer der hinteren Reihen war und sie nur an der Seite ihres Mannes in die 1. Reihe rutschten.

Genug ist genug. Mit einem Frauennetzwerk von über 5.000 Frauen und mit vielen kleineren Netzwerken, die ich für Frauen und Männer aufgebaut habe, die Gleichberechtigung leben, dürfen wir in ein neues Zeitalter gehen: Beyond networking – relationing for a bigger we.

Wenn du nur eines mitnimmst, dann…

Heute bin ich erfolgreiche Unternehmerin. Ich habe gelernt, meiner eigenen inneren Stimme zu vertrauen, meine Vielfältigkeit als Stärke einzusetzen und somit internationale Unternehmer, Querdenker und Visionäre zu unterstützen, gemeinsam zu wachsen. Sie ist der Ursprung meiner Karriere als Unternehmerin. Im Netzwerk liegt das Gold – Kooperationen statt Einzelkämpfertum sind nicht nur mein Motto, sondern auch meine Empfehlung an dich.

Hast du auch eine Story, die es wert ist erzählt zu werden? 

Hast du etwas richtig tolles erlebt, etwas was außerhalb deiner Komfortzone lag und das nicht 0815 Status Quo war? Willst du damit mal so richtig auf den Tisch hauen und allen Menschen zeigen, was eine Powerfrau in dir steckt?

Und vor allem andere Frauen damit inspirieren?

Oder aber du hast eine schwere Zeit durchlebt, hast alles überstanden und stehst jetzt mit erhobenem Kopf da. Willst du anderen Frauen zeigen, dass alles möglich ist, egal wie ausweglos eine Situation erscheinen mag?

Wir glauben: 

Every Woman has a Story. 

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